Die C-14-Methode - Unterrichtsstunde vom 8.09.2016 im Grundkurs Chemie 12

Unterrichtsmitschrift von Sarah Schiemann am 8.09.2016



Spiel: radioaktive Datierung
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Der Download der oben stehenden Simulation „Spiel. Radioaktive Datierung“ ist im August 2014 möglich unter folgender URL: 

http://phet.colorado.edu/de/simulation/radioactive-dating-game

 

 

Hier am besten die Datei "radioactive-dating-game_de" herunterladen und dann im Doanload-Verzeichnis öffnen.


Videotipp: Wie alt ist Ötzi? - Radiocarbonmethode

https://www.youtube.com/watch?v=CrhdfiPEpu0


Der Download der Sendung „Was ist die Radiokohlenstoff-Methode?“ aus der Reihe „Der Chemie-Reporter“ ist im November 2016 möglich    unter:  http://www.standort-ludwigshafen.basf.de/group/corporate/site-ludwigshafen/de/news-and-media-relations/podcasts/chemical-reporter/radiocarbon-dating-method



Das Turiner Grabtuch, Fotografie des Gesichts, Positiv links, rechts Negativ (Kontrast etwas verstärkt)

Die erste Fotografie des Grabtuchs – Negativ (links, seitenverkehrt) und Positiv; überraschend war 1898 das viel deutlichere Negativbild[1]

Das Turiner Grabtuch (italienischSindone di Torino, Sacra Sindone) ist ein 4,36 Meter langes und 1,10 Meter breites Leinentuch, das ein Ganzkörper-Bildnis der Vorder- und Rückseite eines Menschen zeigt. Das Tuch wird in einer Ende des 17. Jahrhunderts erbauten Seitenkapelle des Turiner Doms aufbewahrt.

Der Ursprung des Tuches und sein Aussehen sind der Gegenstand einer intensiven Debatte unter Theologen, Historikern und anderen Forschern. Es wird von vielen Gläubigen als das Tuch verehrt, in demJesus von Nazaret nach der Kreuzigung begraben wurde, und hat eine Reihe von Christusdarstellungen inspiriert.


Audiotipp: Das Turiner Grabtuch – Kontroverser Stoff - Bayern 2 Radiowissen

http://www.br-online.de/podcast/mp3-download/bayern2/mp3-download-podcast-radiowissen.shtml

Radiokohlenstoffdatierung von 1988

Die Radiokohlenstoffdatierung wurde 1988 zur Ermittlung des Alters herangezogen. Am linken Eckrand des Grabtuches, in unmittelbarer Nähe eines 7,5 cm breiten, angenähten Seitenstreifens, wurde eine 10 mm x 70 mm kleine Probe entnommen. Die geteilte Probe wurde von drei unabhängigen Instituten mit 95 Prozent Konfidenz (Vertrauensintervall) auf die Zeit zwischen 1260 und 1390 n. Chr. datiert, wobei der Mittelwert 1325 n. Chr. als wahrscheinlichster Wert angegeben wurde. In diese Zeit fällt die älteste gesicherte Erwähnung des Grabtuches im Jahr 1357.

Vorgeschichte

Wichtige Voraussetzung der Datierung von 1988 war die Entwicklung und Anwendung der Beschleunigermassenspektrometrie als neuartige Methode zur Datierung mittels Radiokarbon. Erst diese neue Messtechnik verkleinerte die Probenmenge so, dass ein verhältnismäßig kleines Probenstück des Turiner Grabtuches reichte. Eine Untersuchung im Jahr 1983 an drei Textilproben bekannten Alters, koordiniert durch das Britische Museum, hatte die Durchführbarkeit der geplanten Untersuchung am Turiner Grabtuch bestätigt.[28]

Auf einer Konferenz im Jahre 1986 in Turin wurde von sieben Radiokohlenstofflaboratorien ein Protokoll zur Probenentnahme und Datierung des Turiner Grabtuches vorgeschlagen. Vorgesehen war darin die Probenentnahme an mehreren Stellen des Grabtuches und die Datierung durch die sieben Laboratorien. Der Erzbischof von Turin, als Vertreter des Heiligen Stuhls, wählte drei der Laboratorien (University of Arizona, Oxford University, Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich) aus. Weitere Veränderungen am endgültigen Protokoll betrafen die Probenentnahme; statt Proben von mehreren Stellen wurden nach dem neuen Protokoll alle Proben von derselben Stelle des Grabtuches entnommen.

Probenentnahme, Messung und Resultate

Die Probenentnahme fand in der Sakristei der Turiner Kathedrale am 21. April 1988 statt. Anwesend waren der Turiner ErzbischofBallestrero und sein wissenschaftlicher Berater Gonella, ein Vertreter des Britischen Museums (Tite), Vertreter der Radiokarbonlaboratorien, zwei Textilexperten und G. Riggi, welcher die Probe entnahm. Ein etwa 10 x 70 mm großer Streifen wurde in der Nähe einer Stelle entnommen, an der bereits 1973 eine Probe entnommen worden war. Dabei wurde darauf geachtet, dass an dieser Stelle keine Flicken oder verkohlte Stellen vorhanden waren. Drei Proben, jede etwa 50 mg, wurden von diesem Streifen separiert. Der Erzbischof, sein wissenschaftlicher Berater und der Vertreter des Britischen Museums verpackten sie zusammen mit Kontrollproben einzeln in verschiedene Behälter. Bis auf die Verpackung wurde die komplette Probenentnahme durch Video- und Fotoaufnahmen dokumentiert. Obwohl die Laboratorien nicht erfuhren, welche Behälter die Grabtuchproben und welche die Kontrollproben enthielten, notierten sie in ihrer späteren Veröffentlichung, dass die Grabtuch-Proben durch das drei-zu-eins Fischgrät-Webmuster eindeutig identifizierbar waren.

Da das Grabtuch mehreren möglichen Kontaminationsquellen (Schmutz, Rauch) ausgesetzt war, wurde besonders Wert auf die Vorbehandlung der Proben gelegt. Alle Labore untersuchten ihre Proben mikroskopisch, um Verschmutzungen zu identifizieren und zu entfernen. Die einzelnen Laboratorien zerteilten ihre Proben weiter in mehrere Teilproben und behandelten diese mit jeweils verschiedenen chemischen und mechanischen Reinigungsverfahren.

Die gereinigten Proben wurden verbrannt, das entstandene Kohlendioxid in Graphit-Pellets umgewandelt und der Messung mittels Beschleunigermassenspektrometrie zugeführt. Das British Museum Research Laboratory erhielt die Ergebnisse zur statistischen Analyse. Publiziert wurden die Resultate in einem Fachartikel im Journal Nature.[29] Die Autoren des Nature-Artikels notieren, dass die Streuung der Messwerte zwischen den drei Radiokohlenstofflaboratorien etwas größer ist, als es zu erwarten wäre, wenn nur rein statistische Streuung als experimentelle Fehlerursache in Betracht gezogen würde. Eine eingehende Untersuchung der Statistik der Radiokohlenstoffresultate des Turiner Grabtuches durch J. A. Christen führte jedoch zum Resultat, dass das ermittelte Radiokohlenstoffalter aus statistischer Sicht korrekt ist.[30] Die Messwerte der mit unterschiedlichen Reinigungsprozeduren behandelten Teilproben der jeweiligen Laboratorien zeigten keine signifikante Abweichung der Messresultate von den anderen Teilproben desselben Labors; allgemein ein starkes Argument gegen eine signifikante Verfälschung eines Radiokarbonalters durch Kontamination.

Probe Oxford Zürich Arizona
Turiner Grabtuch 1200 n. Chr. 1274 n. Chr. 1304 n. Chr.
Kontrollprobe (Fäden, 1290–1310 n. Chr.) 1195 n. Chr. 1265 n. Chr. 1228 n. Chr.
Kontrollprobe (Leintuch, 11./12. Jhd. n. Chr.) 1010 n. Chr. 1009 n. Chr. 1023 n. Chr.
Kontrollprobe (Leintuch, 1. Jhd. v. Chr.–1. Jhd. n. Chr.) 30 v. Chr. 10 n. Chr. 45 v. Chr.
Berechnete Entstehungszeit nach der Radiokohlenstoffdatierung. Jedes Labor erhielt auch drei Kontrollproben bekannten Alters.

Bedeutung

Die Radiokohlenstoffdatierung des Grabtuches war in mehrerlei Hinsicht sehr bedeutend. Zum einen trug es in der breiten Öffentlichkeit zum Bekanntwerden der Möglichkeiten der neuartigen Radiokarbondatierung mittels Beschleunigermassenspektrometrie bei. Zum anderen wird weithin akzeptiert, dass die Veröffentlichung des Resultates in der Zeitschrift Nature die Erforschung des Turiner Grabtuches im Wesentlichen abschloss.[31]

Nach wie vor werden von Befürwortern der Authentizität des Turiner Grabtuches Einwände gegen die Gültigkeit der Datierung erhoben. Meist wird auf eine mögliche unentdeckte Kontamination oder Nichtrepräsentativität der Probenentnahmestelle verwiesen. Anhand des großen Unterschieds zwischen dem gemessenen Alter und einem Alter, wie es für eine Authentizität des Grabtuches notwendig wäre, sind Szenarien, die einem Grabtuch aus dem 1. Jahrhundert ein scheinbares Radiokarbonalter im 13./14. Jahrhundert verleihen würden, extrem unwahrscheinlich. Eine Verschmutzung des Grabtuches aus dem 16. Jahrhundert müsste etwa 70 % des Grabtuches ausmachen, um eine Datierung aus dem 1. Jahrhundert zu der gemessenen Radiokohlenstoffdatierung hin zu verschieben.[32] Unter anderem Harry Gove, einer der Hauptinitiatoren der Grabtuchdatierung und bedeutender Vertreter der Methode, verteidigte die Gültigkeit der Datierung wie die Deutung als Ikone.