Redox3 06A - Anwendungsbeispiele für Elektrolysen - Elektrolyse von Salzsäure



EXKURS: Einige Eselsbrücken

Elektrolyse = OPA (♂ verbraucht Energie)

Galvanische Zelle = OMA (♀ liefert Energie)   

Elektrolyse = OPA (Oxidation, Pluspol, Anode)

Galvanische Zelle = OMA (Oxidation, Minuspol. Anode)

Das A und O ist immer: Anodenoxidation

 

Elektrolyse von Salzsäure (pH < 7; pH≈0) mit Graphit (=Kohlenstoff = C-) Elektroden: 

Salzsäure enthält: H3O+, Cl- und H2O!  Es ist zu Beginn kein O2 und kein H2 und zu wenig OH- enthalten. [So ist z. B. die Anodenoxidation H2 +2 H2O => 2 H3O+ + 2e- (vereinfacht: H2 => 2 H+ + 2 e-)  nicht möglich, weil kein H2 vorhanden ist.] 

Welche Reaktionen sind möglich? 

 

Zwei mögliche Anodenoxidationen am Pluspol der Elektrolyse (laut Spannungsreihe):

 

 

 

 

Potential E

≈ E°(Cl-/Cl2)

Übersp. η (Cl2)

tatsächliches Abscheidungs-
potenzial

 2 Cl-

   →

Cl2 + 2e-

+1,36V

+ 0,12V

= 1,48 V

oder:

 

 

 

E° (H2O/O2)

Übersp.
η
(O2)

tatsächliches Abscheidungs-
potenzial

 6 H2O

 →

O2 + 4 H3O+ +4e-

+1,23V

(bei pH=0)

+ 0,95V

+ 2,18V

 

● Symbol für Ubersp.: η =  griech. Buchstabe eta (Die Werte für die Überspannungen η kann man in Tabellen nachlesen!)

● Das Elektrodenpotential E bezieht sich (im Gegensatz zum Standardpotential E°) nicht auf Standardbedingungen,

● wenn E ≠ E° muss man das Elektrodenpotential E mit Hilfe der NERNST-Gleichung berechnen!

● Man gibt das Standardpotential in der Regel in der Form E° (Red/Ox) an,  man benennt also zunächst die reduzierte Form (mit niedriger OZ) und dann die reduzierte Form des Redoxpaares; so schreibt man z. B.:  E°(Cl-/Cl2), E° (H2O/O2), E°( H2/H3O+)

● Es finden die Elektrodenreaktionen statt, die eine kleine tatsächliche Zersetzungsspannung ermöglichen!!!

=> also die Reaktionen, die betragsmäßig (Vorzeichen weglassen!) eine kleinere Zahl für das tatsächliche Abscheidungspotential ergeben.

Es gilt:

● |1,48 V| < |2,18V|   => Deshalb findet statt: 2 Cl-   →Cl2 + 2e-

Ohne die hohe Überspannung für die Bildung von O2 an einer Graphit-Elektrode wäre die Anodenoxidation: 6 H2O → O2 + 4 H3O+ + 4e-  und es hätte sich also O2 entwickelt!

 

 

Elektrolyse von Salzsäure (pH < 7)

Zwei mögliche Kathodenreduktionen am Minuspol der Elektrolyse (E° laut Spannungsreihe):

 

Potential E

≈ E°( H2/H3O+)*

Übersp. η (H2)

tatsächliches Abscheidungs-
potenzial

 2 H3O+ + 2e- => H2 + 2 H2O

0V

bei pH =0

- 0,62V

= -0,62 V

oder:

 

 

 

E° (H2/H2O)

Übersp.
η
(H2)

tatsächliches Abscheidungs-
potenzial

 2 H2O + 2e- => 2 H2 + 2 OH-

- 0,41V
bei pH =0

-0,62 V

= -1,03V

 

● Symbol für Ubersp.: η =  griech. Buchstabe eta (Die Werte für die Überspannungen η kann man in Tabellen nachlesen!)

●  wenn E ≠ E°, dann hilft NERNST!

● Es finden die Elektrodenreaktionen statt, die eine kleine tats. Zersetzungsspannung

ermöglichen!

=> also die Reaktionen, die betragsmäßig (Vorzeichen weglassen!) eine kleinere Zahl für das tatsächliche Abscheidungspotential ergeben.

|-0,62V| < |1,03V|   => Es findet statt: 2 H3O+ + 2e- => H2 + 2 H2O

● Die Kathodenreduktion sollte man nicht wie folgt formulieren:

4 H2O + 4e- => 2 H2 + 4 OH-  (weil in der HCl gilt: pH ≈ 0!) 

 

Bei der Elektrolyse von HCl findet statt: 

Anodenoxidation: 2 Cl-   →Cl2 + 2e-  | ∙ 2

Kathodenreduktion: 4 H2O + 4e- => 2 H2 + 4 OH-| ∙ 1

Redox: 4 Cl-  +  4H2O + 4 e-  => 4 Cl2 + 4e- + 2 H2 + 4 OH- 

Oder :  2 Cl-  +  2H2O + 4 e-  => 2 Cl2 + 4e- + H2 + 2 OH- 

 

 

Berechnung der tatsächlichen nötigen Zersetzungsspannung (Uz)   




Für Spannung einer Galvanischen Zelle (Anode = Minuspol; Kathode = Pluspol ) gilt:
ΔE =  E (K) – E (A) oder ΔE =  E (+) – E (-).

Für die tatsächlich nötige Zersetzungsspannung Uz bei der Elektrolyse (Anode = Pluspol Kathode = Minuspol ) gilt umgekehrt:  

Uz =  [Abscheidungspotenzial (A)] – [Abscheidungspotenzial (K)]; also

Uz =  [E(A) + η (A)] - [E(K) + η (A)]

Faustregel: Für die Spannung, die ein Galv. Zelle liefert oder eine Elektrolyse benötigt gilt immer: „Pluspol minus Minuspol“

Für die Elektrolyse von Salzsäure ist folgende tatsächliche Zersetzungsspannung Uz nötig:

Uz=  [E(A)  + η (A)] -  [E(K)  + η (K)] siehe Formelsammlung Abitur!

Uz=  [1,36V + 0,12V] -  [0 V + (-0,62V)]

Uz=  [1,48V] -  [-0,62V]

Uz=  2,1 V

 

In der Tat erkennt man in einem Stromstärke-Spannungsdiagramm für die Elektrolyse von Salzsäure: Erst bei einer Zersetzungsspannung von ca. 2,1 V kommt es zu einem Stromfluss:      



Videos:

Elektrolyse von Salzsäure an Graphit-Elektroden

https://www.youtube.com/watch?v=4ocb_6y7g-w

Das Video zeigt die Entwicklung der Stromstärke in Abhängigkeit von der anliegenden Spannung bei der Elektrolyse einer 1-molaren Salzsäure mit Graphit-Elektroden. Die Messwerte können z.B. zum Zeichnen einer Stromstärke-Spannungs-Kurve und zur Einführung der Zersetzungsspannung verwendet werden.

 

Elektrolyse 1m Salzsäure. Spannungs-Strom-Messreihe Zersetzungsspannung – YouTube

https://www.youtube.com/watch?v=kBgB5JplTGo

 

Salzsäure wird an Platinelektroden elektrolysiert. Die Spannung wird vorsichtig erhöht und die zugehörige Stromstärke gemessen. Mit Hilfe des Videos lässt sich eine passable Strom-Spannungskurve erstellen. Ohne Deutung - für die Lehrkraft zur Vorführung gedacht, KEIN Erklärvideo für SchülerInnen.





Aus dem Wikipedia-Artikel zum Thema „Überspannung (Elektrochemie)“

https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cberspannung_(Elektrochemie

 Beispiel an der Elektrolyse einer wässrigen Salzsäure-Lösung mit Graphit [= Kohlenstoff C)-Elektroden.] Dabei können sowohl an der Anode als auch an der Kathode jeweils zwei Reaktionen stattfinden:



Wenn die Überspannung nicht berücksichtigt wird, müsste folgende Redoxreaktion ablaufen

 

(Elektrolyse des Wassers):


 

 Erläuterungen zum Wikipedia-Artikel:

Bei Verwendung einer Graphit bzw. Kohlenstoff-Elektrode gelten folgenden Überspannungen:

η (Cl2) = 0,12 V:  η (O2) = 0,95V; η (H2) = 0,62V    

Als Faustregel gilt für Elektrolysen: Es läuft die Anodenoxidation und die Kathodenreduktion mit dem niedrigeren Betrag (Vorzeichen wegdenken!) für das Abscheidungspotential
(= Potential E + Überspannung η) ab. So bleibt dann auch die erforderliche tatsächliche  Zersetzungsspannung ΔE  [= E (A) - E(K)] niedrig!   

Ohne die hohe Überspannung für die Bildung von O2 würde an der Kohlenstoff-Anode kein O2, sondern Cl2 entstehen!

Ohne die Überspannungen würden folgende Reaktionen ablaufen:

|1,23 V| < |1,326V|   => Anodenoxidation: 2H2O => O2 + 4 H+ + 4e-

|0,00 V| < |-0,413V|  => Kathodenreduktion: 4 H+ + 4e- => 2 H2

AO: 2H2O => O2 + 4 H+ + 4e-

KR: 4 H+ + 4e- => 2 H2

Ges.: 2H2O => O2 + 2 H2 (Das ist die Gesamtgleichung für die Elektrolyse von Wasser)

Es würde also eine Elektrolyse von Wasser ablaufen.

 

Die Elektrolyse von Wasser erfordert (ohne Überspannungen) eine Spannung von:

ΔE  = [E (A) - E(K)]  für Elektrolyse!   

ΔE  = [( 1,23V) – (0,00V)] = 1,23 V   

 

Der Wikipedia-Artikel ist vereinfacht: Es wird davon ausgegangen, dass das Elektrodenpotential E immer dem Standardpotential E°  entspricht. Dies gilt streng nur für Standardbedingungen, also Konzentrationen von 1 mol/l!

Standardbedingungen bedeuten:

c(H3O) = 1 mol/l [=> pH= 0]  oder  c(OH-)= 1mol [=> pH 14]

Ist der pH-Wert ≠ 0, so muss man das über die NERNST-Gleichung das konkrete Eletrodenpotential ausrechnen.                       

Da es sich um die Elektrolyse von Salzsäure handelt gilt: pH ≈ 0